Vorlage Magazin Kürassierdenkmal

Denkmäler im Geschichtsunterricht

In jeder Stadt gibt es Denkmäler, die an Ereignisse aus der Vergangenheit erinnern sollen. Häufig verschwinden sie jedoch im Hintergrund und werden zu einem Teil der Stadtarchitektur wie Brücken, Wälder oder Straßen.
Trotzdem ist es interessant, sich mit Denkmälern im Geschichtsunterricht zu beschäftigen, weil sie uns Einblicke in vergangene Denkwelten geben können. Als Teil des öffentlichen Raums sind Denkmäler unkompliziert zugänglich und ermöglichen eine genaue Untersuchung lokal- oder regionalgeschichtlicher Entwicklungen. So gibt es zahlreiche Themen, die in vielen Städten durch Denkmäler erinnert werden (z.B. gefallene Soldaten im Ersten und/oder Zweiten Weltkrieg). Es gibt jedoch auch Denkmäler, die an regionale Besonderheiten erinnern (zahlreiche Denkmäler auf Halden des Ruhrgebiets) und damit lokalgeschichtliche Schwerpunkte setzen. Wenn sie dann auch noch historische Ereignisse thematisieren, eignen sich Denkmäler als gute Ausgangspunkte für historisches Lernen und zur Weiterentwicklung geschichtskultureller Kompetenzen. Trotzdem darf man nicht dem Kurzschluss verfallen, dass Denkmäler Auskunft geben über das Geschichtsbewusstsein vergangener Epochen oder ganzer Gesellschaften. Marco Dräger betont, dass Denkmäler gemachte Erinnerungsorte sind und die Existenz eines Denkmals sich auf eine Gruppe zurückführen lässt, die das erinnerte Ereignis für erinnerungswürdig fand und die möglichen (finanziellen oder auch kommunikativen) Mittel hatte, eine Denkmalssetzung umzusetzen.

Wie auch bei anderen historischen Quellengattungen müssen also bei der Beschäftigung mit Denkmälern einige Punkte berücksichtigt werden.

Zu allererst muss die Geschichte des Denkmals untersucht werden

  • Wann wurde dann Denkmal gebaut?
  • Wer hat das Denkmal initiiert?
  • Wer hat das Denkmal entworfen/gebaut oder war am Bau beteiligt?

Dann muss das Denkmal inhaltlich erschlossen werden

  • Wem ist das Denkmal gewidmet?/an wen soll durch das Denkmal erinnert werden?
  • Welche Symboliken hat das Denkmal?

Wichtig ist auch der aktuelle Zustand des Denkmals

  • Steht das Denkmal heute noch an seinem ursprünglichen Platz?
  • Sind Teile des Denkmals dazugekommen, verändert worden oder entfernt worden?
  • Gibt es Umwidmungen oder Debatten in der Gegenwart?

Als Beispiel für eine Denkmalsuntersuchung wird hier das Kürassier-Denkmal an der Münsteraner Promenade untersucht. Durch zahlreiche Initiativen ist die Denkmalsgeschichte in diesem Fall schon gut aufbereitet.

Denkmalsgeschichte
Das Kürassier-Denkmal in seiner ersten Form wurde 1924 errichtet und zwar auf dem heutigen Schlossplatz in Münster. Beauftragt hatte das Denkmal der Traditionsverein des Regiments, der 1930 eine Neugestaltung anstrebte, da die alte Variante des Denkmals nicht mehr den Ansprüche genügte. So wurde schließlich am 31. August 1930 ein neues Denkmal errichtet, das als direkter Vorläufer des heutigen Denkmals gesehen werden kann. Schließlich wurden jedoch 1942 die Metallplatten und auch der Kürass für den Metallspenden eingeschmolzen. Das Denkmal stand jahrzehntelang ohne Gedenkplatten in der Stadt. Erst Anfang der 1960er Jahre wurde schließlich, initiiert durch ehemalige Kürassiere, ein drittes Denkmal, diesmal am heutigen Standort am Agidiitor errichtet

Inhaltliche Erschließung
Das heutige Denkmal besteht aus einem breiten Sockel, einem großen gemauerten Block mit drei Reliefplatten und einem aufgesetzten kleinen Block, der mit einem Kürass (Bauchpanzer) geschmückt ist, aus dem Fahnen und Lanzen herausragen. Link und rechts davon stehen Gründungs- und Auflösungsjahr des Regiments.
Die drei Reliefplatten zeigen Einsatzbereiche des Regiments:  Etwas erhöht steht mittig ein berittener Soldat vor einem Grab. Die unter dem Bild beginnende Inschrift zeigt die Absicht des Denkmals „Den Gefallenen Helden des Kürassier Regiments v. Driesen Westf. No. 4 zum Gedächtnis“. Links ist eine Kampfszene aus dem Ersten Weltkrieg dargestellt, auf der die Kürassiere mit Handgranaten gegen scheinbar übermächtige Panzer kämpfen. Rechts sind zwei Soldaten auf Erkundung abgebildet. Seitlich sind die Namen der gefallenen Mitglieder des Regiments aufgelistet.

Aktuelle Debatten
Bereits bei seiner Gründung zeigte das Denkmal eine veraltete Darstellung von Krieg und eine Verherrlichung von Kriegshandlungen, die heute nicht mehr angemessen scheint. Seit den 1980er Jahren wurde das Denkmal immer wieder mit Graffiti beschmiert oder war Thema von Demonstrationen. Mittlerweile gibt es keine großen Debatten, die Stadt Münster hat aber eine kontextualisierende Stele angebracht, die die Bildgebung und Denkmalsentstehung reflektiert.

Drei mögliche Unterrichtsszenarien
Der konkrete Unterrichtseinsatz könnte unterschiedlich gestaltet werden: eine Möglichkeit, die eigene Wahrnehmung zu schärfen, ist, das Denkmal von Schüler:innen vor Ort nachzeichnen zu lassen. Die verschiedenen Zeichnungen zeigen, wie unterschiedliche das Denkmal wahrgenommen wird und welche Teile des Denkmals im Fokus standen.

Das durchaus kontroverse Denkmal bietet sich außerdem an, um z.B. darüber diskutieren zu lassen, ob das Denkmal weiter stehen bleiben sollte oder nicht. Hier würde es sich anbieten, zunächst nicht die 2001 nachträglich ergänzte Stele zu zeigen, sondern nur auf der Grundlage des Denkmals zu diskutieren. Anschließend kann die Stele als Lösungsversuch der Stadt vorgestellt und Stellung zu diesem Ansatz bezogen werden.

Ebenso kann sich analytisch den Debatten um das Denkmal genähert werden. Auf der Seite des Stadtarchivs Münster sind Zeitungsartikel angegeben, aus denen sich die Debatten zwischen 1961 und 2001 nachvollziehen und Veränderungen in der Bewertung des Denkmals herausarbeiten lassen.

Bildnachweise

1924: Stadtarchiv Münster, Slg-WVA, Nr. 166337 (Fotograf Ernst Krahn)
1930: Stadtarchiv Münster, Stadt-Dok. Nr. 54.4, 04.1942, Foto 2 (Fotograf Franz Wiemers)
1942: Stadtarchiv Münster, Slg-Postkarten, Nr. 590 (Fink-Verlag Berlin)
1964 bis heute: Maxime Lindenbaum © LWL-Medienzentrum für Westfalen

Zu den Materialien

Literatur

  • Alexandra Bloch-Pfister: Das Kürassier-Denkmal – ein „Altar“ für den berittenen Adel, in: Michael Bieber/Alexandra Bloch-Pfister/Sabeth Goldemann/Sabine Kittel (Hrsgg.): Kriegerdenkmäler in der Friedensstadt. Münsteraner Erinnerungsorte, Münster 2018, S. 45-54.
  • Marco Dräger: Denkmäler im Geschichtsunterricht (Kleine Reihe Geschichte), Frankfurt a.M. 2021.
  • Informationsseite des Stadtarchivs Münster